Markus Trapp, Stabsstelle Social Media

Namensschild

Ich betreue bei der Hamburger Staatsbibliothek fünf Blogs und die Social-Media-Kanäle. Das Wichtigste ist das Stabiblog. Auf der Startseite der Stabi-Webseite sind immer die sechs neusten Blogartikel und die sechs nächsten Veranstaltungen verlinkt. Die Webseite ist ganz wichtig für die Bibliotheksnutzer, weil sie alles darüber recherchieren, man muss auch für den Katalog die Webseite aufrufen. Und da sehen sie dann also gleich die neuesten Blogartikel.
Wenn wir eine Presseerklärung herausgeben, ist mittlerweile immer auch der Blogartikel mit drin. Meine Kollegin, mit der ich das Büro teile, macht die klassische Öffentlichkeitsarbeit. Wir schreiben dann an die Presse, hier ist demnächst ein Konzert, Carl Philipp Emanuel Bach im Vortragsraum, alle Infos dazu im Blog. Und da sind dann auch die Bilder in hoher Auflösung, die Presse kann sich die Bilder runterladen, man muss denen nicht mehr sagen: geht in die Pressesektion, ladet euch dort die Pressefotos runter. Und die Presse sieht dann natürlich auch die Kommentare, wenn Leute sagen, das ist ja großartig – oder eben auch nicht.

Markus Trapp

Im Moment läuft ein sehr erfolgreiches Projekt: eine Schließfachbenennung. Wir kriegen 76 neue Schließfächer vor unserem Vortragsraum, und da sollen die Namen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern drauf. Wir haben im Blog darum gebeten, uns ein paar Namen zu nennen. Statt in das Fach 215 schließt man seine Jacke dann in Marie Curie oder Daniel Düsentrieb ein. Das kommt supergut an, die Leute machen wie wahnsinnig mit. Da kommentiert zum Beispiel jemand, wir sollten doch auch Wissenschaftler nehmen, die in der NS-Zeit an der Uni Hamburg aus dem Dienst entfernt wurden. Mehrere haben dann Agathe Lasch vorgeschlagen, die erste Frau, die einen Germanistiklehrstuhl hatte. Sie wurde 1942 ermordet. Teilweise haben sie richtig noch was dazu geschrieben. Wir haben jetzt schon über sechzig Vorschläge. Vor zwei Jahren haben wir schon mal so etwas gemacht, da gab es neue Schließfächer im Infozentrum, da wollten wir literarische Figuren draufschreiben. Die Schließfächer dort heißen jetzt Oskar Matzerath oder Pippi Langstrumpf.

Schließfächer mit Namen

Damals habe ich zum ersten Mal angeregt, die Nutzer Namen vorschlagen zu lassen. Die Bibliothek wollte das erst nicht, weil sie meinten, wie sieht das denn aus. Als würden wir selbst keine 70 Namen zusammenkriegen. Aber darum geht es natürlich gar nicht, sondern es geht darum, dass die Leute mitmachen können. Wir haben dann 465 Vorschläge bekommen. Das war super, auch für uns, zu sehen, was überhaupt vorgeschlagen wird, und dass die Leute so mitmachen.
Wir haben aus den Vorschlägen eine Tagcloud erstellt, die auch superschick aussieht, es steht ganz dick Pippi Langstrumpf drin, weil sie so oft genannt wurde. Am Schluss haben wir die Namen ausgewählt, die am häufigsten genannt wurden. Das war auch generationenübergreifend interessant: viele der jungen Studenten haben Figuren genannt, die wir gar nicht kannten, weil das irgendwelche In-Romane aus dem Bereich Science Fiction waren. Es wurden natürlich auch Klassiker genannt. Oblomow, der große Prokrastinierer. Inzwischen twittern die Leute sowas wie: »ich schließe meine Sachen heute in Mephisto ein«. Das wird wirklich gut angenommen.
Und das machen wir jetzt mit den Wissenschaftlern genauso. Die meisten Namen kenne ich gar nicht, da lernt man richtig was! Und wann kriegen wir im Blog schon einmal 60 Kommentare? Das kennt man ja als Privatblogger kaum, und erst recht nicht als Bibliothek.

Post an Trapp

Die Stabi war die erste Bibliothek in Deutschland, die eine eigene Social-Media-Stelle eingerichtet hat. Ich habe hier eine Stabsstelle Social Media, so heißt das offiziell. Erst war es eine halbe Stelle, das war ab März 2010.
Ich dachte erst, das ist ja traumhaft, da bin ich halb Freiberufler, halb abgesichert. Man ist versichert und hat ein bisschen Grundgehalt, und die andere Hälfte der Woche strampelt man sich halt mit Übersetzungen und Webprojekten ab. Dann habe ich anderthalb Jahre lang versucht, mich da durchzuwurschteln, und das war schwer. Denn ich hatte hier wahnsinnig viel zu tun, die halbe Stelle hat hinten und vorne nicht gereicht, und der halbe Freiberufler hat es auch nicht mehr gebacken gekriegt, mit Akquise und so. Das war eher ein Zubrot, ich habe ab und zu mal eine Übersetzung gemacht, meistens Filme.

Markus Trapp

Gleichzeitig habe ich weiterhin die virtuelle Fachbibliothek Cibera für Lateinamerika, Spanien, Portugal betreut, das habe ich als Hispanist schon seit Mai 2005 gemacht. Dafür wurde ich ursprünglich mal eingestellt. Cibera ist ein Portal für Wissenschaftler, wo man nachgucken kann, was gibt es an Literatur und Zeitschriftenartikeln, und was gibt es für Webseiten zu meinem Thema. Das war damals eine DFG-Förderung; viele Quereinsteiger im Bibliothekswesen kommen über die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Die DFG schreibt ein Projekt aus und sagt den Bibliotheken: holt Euch Expertise von außen, für einen gewissen Zeitraum, zwei oder vier Jahre. Diese Leute bringen dann ein Projekt nach vorn, und nach dieser Zeit muss die Bibliothek es aus eigenen Mitteln fortführen.

Stabi

Bei meiner Einstellung hatte man mir schon gesagt, das ist hier maximal etwas für vier Jahre. Ich bin also davon ausgegangen, dass ich hier keine Zukunft habe.
Im Februar 2010 hieß es dann plötzlich, Herr Trapp, wir können Ihnen eine unbefristete halbe Stelle im höheren Dienst anbieten. Da werden normalerweise nur Leute mit Promotion eingestellt. Als wissenschaftlicher Bibliothekar ohne Promotion hast du eigentlich keine Chance. Und die Bibliothek hat das auch nicht gemacht, weil ich so ein hervorragender Hispanist bin, sondern weil sie jemanden fürs Web brauchten. Daher haben sie auf die Promotion verzichtet. Und so habe ich dann diese halbe Stelle bekommen, aber die hat auf die Dauer nicht ausgereicht.

Stabi

Und dann haben sie mir tatsächlich eine volle Stelle angeboten, aber dafür muss ich noch Bibliothekswissenschaften studieren. Der Fairness halber, den anderen Leuten gegenüber, denn eine volle Stelle im Höheren Dienst, ohne jemals Bibliothekswissenschaft studiert zu haben, das geht nicht. Ich habe mir eine Nacht Bedenkzeit erbeten, obwohl ich genau wusste, dass ich das mache. Die Bedingung war das Studium in Berlin, parallel zur Vollzeit-Arbeit. Ich dachte, zwei Jahre, das ist ja ein überschaubarer Zeitraum, das schaffst du. Aber es ist schon heftig, neben dem Vollzeitjob, und im Moment ist es sogar eine Dreifachbelastung, weil ich jetzt auch noch meine Abschlussarbeit schreiben muss.

Kaffeetassen

Ich weiß nicht genau, wie es in anderen Bibliotheken ist. Hier haben wir sicher auch Menschen, die mit sozialen Medien nicht so viel anfangen können. Ich versuche es immer so einzurichten, dass der Social-Media-Experte im Haus nicht das Nadelöhr ist. Dass auf Facebook und Twitter nicht nur das steht, was mir gerade auffällt. Hier arbeiten 200 Leute, da passiert so viel! Ich kriege das ja gar nicht alles mit.
Wir haben Zeitungsdigitalisierungsprojekte, wo mehrere Millionen Zeitungsseiten aus dem 19. und 20. Jahrhundert eingescannt werden, die man dann mit Volltextrecherche abfragen kann, das sind spannende Sachen. Da brauche ich Leute, die mir das sagen. Die mir sagen, wir haben hier gerade was, das wär doch was fürs Blog. Am Anfang habe ich von ganz vielen Kollegen Mails bekommen wie: »Herr Müller hat gesagt, ich soll Ihnen was schicken fürs Blog«, und da merkst du schon, die wollen das gar nicht, sie finden das doof, aber sie haben es aufgedrückt bekommen. Ich sehe meinen Job darin, den Leuten nicht mit dem Zeigefinger zu sagen, ihr müsst doch sehen, dass das wichtig ist, sondern ich versuche erstmal, sie zu verstehen. Ich merke, für die ist das alles Humbug.

Stabi

Viele denken, wer ins Internet schreibt, hat zu viel Zeit, das ist unseriös. Aber sie geben mir ihre Informationen, ich mache einen Blogartikel draus und versuche, das ein bisschen aufzubereiten, damit es schön aussieht. Dann schicke ich ihnen den Link und schreibe: vielen Dank für das Material, gucken Sie nochmal drüber, ob alles in Ordnung ist, und dann wird es online geschaltet. Das bringt die auch noch nicht hinterm Ofen hervor. Aber dann passiert es ganz oft, dass Leute im Netz begeistert sind. Dass sie twittern: »boah, ich bin hier seit 4 Stunden in den historischen Karten der Stabi unterwegs«. Und dann kriegt diese Frau Müller eine Mail von mir: »gucken Sie mal, hier haben Sie jemanden glücklich gemacht«. Zwei Wochen später schreibt sie mir: »wir haben jetzt noch mal ein paar neue Karten digitalisiert, wollen Sie da noch mal drauf hinweisen?« Und dann merke ich, die bekommen jetzt mit, dass das wirklich etwas Sinnvolles ist. Die Leute nutzen unsere Angebote ja, es werden eben auch auf Twitter und Facebook nicht nur Essensbilder gepostet oder Gute Nacht und Guten Morgen.

Markus Trapp

Im Bibliotheksumfeld gibt es so Web2.0-Evangelisten, die sagen: »wenn ihr euch nicht ändert, werdet ihr alle untergehen«. Das wollen Bibliothekare nicht hören, das finden die vermessen, und ich finde es ehrlich gesagt auch vermessen. Ich versuche lieber, mich in die Leute reinzuversetzen. Wenn sie das Soziale Netz nicht nutzen und es nur vom Hörensagen kennen, dann kann man nicht sagen: »wenn ihr euch nicht ändert, werdet ihr alle sterben«.

Markus Trapp

Von den fünf Blogs, die ich betreue, wird das Stabiblog am häufigsten aufgerufen. Am zweithäufigsten das ciberaBlog, das ist das Blog, das ich damals für die virtuelle Fachbibliothek angelegt habe, da geht es um Lateinamerika, Spanien, Portugal. Dann haben wir das Webis-Blog, das ist ein Fachblog, vor allem für die bibliothekarische Welt interessant. Webis heißt Web-Informationssysteme.
Und dann haben wir ein internes Blog, das ist auch hochspannend, das war bisher die schwierigste Aufgabe, die ich hier hatte. Es gab eine interne Hauszeitschrift, eine Quartalsschrift. Da berichten Leute aus den Abteilungen, was sie so machen. Ich glaube, schon seit 30 Jahren oder so. Und da hat vor zwei Jahren unsere Chefin entschieden, dieses Heft wird eingestellt, wir machen ein internes Blog daraus. Bei uns arbeiten über 200 Leute, und ich hatte das Gefühl, über 200 Leute hassen mich, weil die alle gedacht haben, das wäre meine Idee gewesen. War es aber gar nicht.

Stabi

Ich fand diese Hauszeitschrift auch wirklich nett. Konnte man mit in die Badewanne nehmen oder in der U-Bahn lesen, abends auf der Couch, ohne Tablet. Ich habe selbst gedacht, wir sitzen alle dauernd am PC, sodass ich diese Idee auch gar nicht so gut fand, aber wenn du das als Job kriegst … na, dann macht der Trapp das halt. Das war schwierig, aber es ist jetzt schön, wie die Leute nach und nach die Vorteile erkennen. Das Heft war zum Beispiel in Schwarz-Weiß. Jetzt beim Blog haben die Leute gesagt, ach wie toll, alles in Farbe! Da waren sie erstmal begeistert. Und man kann Fehler korrigieren. Das ist den Leuten ganz wichtig. Diese gedruckte Zeitschrift war wirklich wichtig, da ging es auch abteilungsübergreifend immer darum, wie man sich hier im Haus verortet. Wenn da ein Fehler drin war, musste man bis zur Richtigstellung ein Vierteljahr warten. Und dann ein Vierteljahr später schreiben, übrigens, Frau Müller hat da einen Fehler gemacht. Jetzt schickt Frau Müller mir eine Mail: »ach Gott, ich hab geschrieben 15.000, das muss ja heißen 18.000″, und dann wird das schnell korrigiert. Das erkennen die Leute als Vorteil.

Das ist das interne Blog. Und dann haben wir noch das Beluga-Blog. Beluga ist der Katalog 2.0 der Stabi, das ist so eine Art Amazon-Style-Katalog. Bibliothekskataloge sind ja normalerweise superhässlich. Leute sehen aber natürlich gerne Cover, und sie sehen auch gerne sowas wie »ähnliche Einträge«. Wir machen nicht »wer sich dieses Buch ausgeliehen hat, promovierte auch über xy«, aber wir bieten mehr als herkömmliche Kataloge. Das Beluga-Projekt wird mit einem Blog begleitet. Beluga ist viel, viel schöner als der Campuskatalog und hat seine Stärken bei ganz aktuellen Themen.

Auskunftsplatz

Und dann mache ich auch noch Auskunftsdienst, das war für mich ganz neu. Da hast du jahrelang immer nur mit dem Internet zu tun, und plötzlich sitzt du an der Theke, wie im Kaufmannsladen, und dann kommt jemand, palim-palim, und fragt nach Informationen zu einem bestimmten Thema. Aber das macht dann auch Spaß.

Außerdem bin ich auch noch für zwei Fächer zuständig, für Erziehungswissenschaften und Sport. Da muss ich von den hundert Büchern, die jede Woche erscheinen, im Schnitt immer fünf kaufen. Und wenn die Bücher kommen, muss ich sie verschlagworten. Als Bibliothekar muss man auch Fächer bearbeiten, die man gar nicht studiert hat. Wenn sie mir jetzt Physik oder Chemie hätten aufdrücken wollen, das hätte ich unseriös gefunden. Aber Pädagogik geht. Das ist ein Fach, wo du dich einarbeiten kannst. Die Fächer, die ich studiert habe, also Germanistik und Hispanistik, waren schon gut betreut, aber sollte halt auch ein Fachreferat übernehmen, das war eine Bedingung für die ganze Stelle.

Als Fachreferent muss ich natürlich auch ganz konventionelle Arbeit machen. Für die Kollegen hier im Haus ist das insofern interessant, weil ich jahrelang gefordert habe, ihr Fachreferenten, bloggt doch mal! Ihr habt das Fachwissen, ihr kennt euch supergut aus in eurem Fach, und ihr weint über eure Ausleihstatistiken. Die Fachreferenten gucken natürlich auch nach, ob ihre Neuanschaffungen auch ausgeliehen werden. Dann können wir zum Beispiel Bücher nachordern. Wenn wir sehen, ein Buch ist dauernd ausgeliehen, und es gibt dauernd Vormerkungen, dann kann man ein Buch auch zwei- oder dreimal kaufen. Viele schaffen tolle Bücher an und sind dann ganz traurig, wenn die nicht genutzt werden. Da sage ich immer, ich weiß, ihr könnt nicht über jedes Buch bloggen, aber wenn ihr etwas Besonderes anschafft, dann stellt das doch kurz vor. Da haben mir die Fachreferenten dann immer geantwortet, sie haben keine Zeit. Die haben immer gesagt, Herr Trapp, Ihnen geht so ein Blogartikel so schnell von der Hand, aber wir haben keine Zeit. Die schreiben aber natürlich Mails an die Wissenschaftler, mit denen sie vernetzt sind, dass sie eine besonders schöne Reihe angeschafft haben. Da habe ich den Fachreferenten erklärt, diese Mail ist doch schon euer Blogartikel, die könnt ihr fast eins zu eins so ins Blog übernehmen.

Bücher

Wir bloggen auch strategisch. Wenn ich beispielsweise weiß, in drei Wochen sind Wahlen in Spanien, dann kann ich davon ausgehen, dass Leute in Google eintippen »Wahlen in Spanien«. Und dann finden sie einen Blogartikel in der virtuellen Fachbibliothek, wo ich geschrieben habe: »Wenn Sie sich über die Wahlen in Spanien informieren wollen, finden Sie hier die Programme der Parteien, hier finden Sie eine Webseite mit aktuellen Ergebnissen und so weiter.« Dann ist das genau das, was sie gesucht haben, und sie sehen, das ist das Blog der virtuellen Fachbibliothek. Und dann gucken sie sich unser Angebot an. Im besten Fall.

Markus Trapp

Im Moment erstellen wir eine App zum ersten Weltkrieg, von der ich extrem beeindruckt bin. Die App heißt »Weltbrand 1914 – Schritt für Schritt in die Katastrophe«. Da werden Zeitungen komplett eingescannt, und man kann alles recherchieren. Wie es zum Beispiel war, als es die ersten Gefallenen gab. Da dachte ich erst, wie furchtbar ist das denn, will man das denn wissen, aber es ist natürlich spannend. Diese Jubelpoesie, die waren ja alle total begeistert vom Weltkrieg damals, wir können uns das heute gar nicht mehr vorstellen, weil wir denken, Krieg ist schlimm. Aber die waren in so einer Juhu-Stimmung, sie haben sich gefreut, dass es losgeht.
Wir haben auch ein Fotoarchiv mit Bildern aus dem ersten Weltkrieg, aus dem Hamburger Fremdenblatt. Davon haben wir jetzt hundert Bilder für die App ausgewählt. Fotos von Fahrradbataillonen zum Beispiel, oder von Liebesgaben! Frauen haben Sachen an die Front geschickt, Blümchen, irgendwas Gebasteltes oder so, das ist dann auf LKW geladen worden und wurde an die Front geschickt, das hieß Liebesgaben. Diese Bilder sind sehr beeindruckend. Die haben wir jetzt hochauflösend in der App drin.

IPad mit App

Man kann in die Bilder reinzoomen und sich das ganz genau angucken. Die App heißt »Schritt für Schritt in die Katastrophe«. Und man kann in der App im Volltext recherchieren, du kannst dir einzelne Ausgaben der Hamburger Nachrichten runterladen, die waren damals so wichtig wie die ZEIT heute. Das war nicht nur das Hamburger Käseblatt, es wurde überall gelesen. Wenn man jetzt wissen will, gab es etwas zum Thema YX, dann sucht man über die 930 Zeitungen, und die App zeigt an, in welchen Ausgaben was vorkommt. Das wurde von drei Historikern bei uns kuratiert.

App

Als ich angefangen habe, hier zu arbeiten, habe ich mich gewundert: Zweihundert Leute, was machen die denn da alle? Mittlerweile frage ich mich, wie wir das alles mit zweihundert Leuten schaffen. Wenn man erstmal weiß, was alles gemacht wird.

Ich halte auch gerne die Vorträge vor den Führungen. Man kann hier Führungen buchen, da geht es 45 Minuten durchs Haus, und vorher ist im Lichthof ein Vortrag über die Stabi. Das mache ich immer gerne – die Arme ausbreiten und sagen: »Guten Tag, meine Damen und Herren, willkommen in der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg.« Ich bin eine Rampensau. Ich versuche immer, die Leute nicht zu langweilen, ich zeige zum Beispiel unseren Imagefilm, den wir vor zwei Jahren haben machen lassen. Der Film hat sehr viel Protest hervorgerufen, weil man da vieles sieht, was man in Bibliotheken nicht darf. Die Leute bestellen sich Pizza, sie spielen Gitarre, hängen Wäsche auf. Aber die Idee stimmt ja, dass Leute hier im Prinzip leben, manche sind wirklich jeden Tag von morgens bis abends hier und bringen ihr Stofftier mit. Pizza bestellen geht natürlich nicht, aber man kann im Bistro was essen. Es sind immerhin 4000 Leute, die an einem Tag kommen.

Markus Trapp

»Die Stabi heißt eigentlich Staats- und Universitätsbibliothek Carl von Ossietzky. Wir kriegen auch regelmäßig Post an Herrn von Ossietzky.«

Link zur Stabi.

34 Kommentare

  1. »Palim-palim, dann macht der Trapp das«. Sehr interessanter und unterhaltsamer Einblick. Danke dafür!

  2. Nerdgasm.
    Was für ein sympathischer Mann und was für eine unglaublich interessante Arbeit.

    Toller Artikel, danke dafür!

  3. Toller Artikel und wirklich hochinteressant!

  4. Wie findet Ihr nur immer solche tollen Leute?
    Bei der Überschrift denke ich noch »och nööö, Social Media Gedöns«. Und dann werde ich von Satz zu Satz tiefer reingezogen.

  5. Wow, was für viele Sachen Herr Trapp macht! Machen darf! Total spannend. Erst nur Social Media und dann auch Fachreferent, Auskunft, Vortraghalter, Buchbesteller. Fein, das Lesen hat Spaß gemacht!

  6. Was für ein toller Bericht! Gut geschrieben und sehr informativ. Nun habe ich ein konkretes Bild vor Augen, was für eine vielfältige und beeindruckende Arbeit Markus Trapp da macht.

  7. Ja, unglaublich sympatisch kommt der Herr Trapp rueber. Ich glaub, weil er mit Herz schreibt. Danke!

  8. »Was machen die da« ist ja sowieso ganz fantastisch aber dieser Bericht ist bisher mein Favorit, weil ich endlich mal zusammengefasst erfahren durfte, was Markus alles auf die Beine stellt. Die Stabi darf sich glücklich preisen, jemanden wie ihn in ihren Reihen zu haben und webseitig so toll aufgestellt zu sein. Klasse auch, wie er zum Mittler wird zwischen Internet & Social Media und denen, die damit (bisher) noch nicht so viel anfangen können.
    Übrigens auch wieder sehr schöne Fotos zum Beitrag!

  9. Wirklich toll geschrieben, hatte eigentlich anderes zu tun, musste aber erst zu Ende lesen! – Leider gehe ich ja in die Seiten der Stabi Hamburg wegen Umzugs nicht mehr rein, hätte ich das früher von der Stabi gewusst, wäre ich ein ganz fleißiger Benutzer gewesen.

  10. Was für ein toller, spannender Artikel und cooler Ablauf mit den Fotos!

  11. Sehr schön… ich hoffe irgendwann wird es bei uns auch mal so laufen :)

  12. Markus, de que eres toda una personalidad no cabe la menor duda! Lastima que el traductor dice puras incoherencias, pero al menos tengo una idea de lo que dice el reportaje :) . Me encanta la ultima foto donde estas sonriendo, la de las tazas (¿todos esos cafes te tomas?) y todas las demas también! Felicidades a mi intelectual e importante amigo!!

  13. Da freut man sich, Kollegin zu sein und gemeinsam in so einer tollen Bibliothek zu arbeiten!

  14. Hui. Danke für den tollen Einblick in Markus‹ Arbeit! ich kannte ja viele Puzzlestückchen, aber jetzt sehe ich das ganze Bild.

  15. wunderbarer Artikel – die Begeisterung für die eigene Arbeit und den Arbeitgeber ist herauszuhören :)
    Viel Erfolg bei der Abschlussarbeit – ich habe meine (auch am IBI) vor genau einem Jahr eingeworfen ;)

  16. Zum Niederknien schön geschrieben und interessant! Chapeau!

  17. Ein wunderbarer Artikel. Markus Trapp schreibt herrlich unprätentiös über einen Beruf, der oft mit Buzzwords ertränkt wird. Vielen Dank dafür! Ich werde ihn ausdrucken und ihn meinen Eltern zum Lesen geben. Damit sie verstehen, was das so ist mit diesem Schreiben ins Internet. Sie gehören auch zu denen, die glauben, »wer ins Internet schreibt, hat zu viel Zeit«

  18. Hallo Markus,

    es ist schon interessant, wie viele Parallelen ich in dieser Vita zu meiner eigenen entdecke. Erst für zwei Jahre bei der Mediothek Krefeld befristet eingestellt und Social Media »so nebenbei« gemacht. Nach und nach wurde es immer relevanter und spannender. Mittlerweile eine unbefristete, volle Stelle. Auch die Einstellung, der Versuch des Vermittelns ist mir nicht fremd. Dazu noch der »originäre« Bibliotheksjob…passt. Danke für diesen Artikel. Gefällt mir!

    Gruß
    Martin

  19. … weil sie jemanden fürs Web brauchten …

    … und da haben sie DICH gefunden. Da haben die Verantwortlichen eine gute Wahl getroffen. Du hast sehr um diese Stelle gekämpft und mit deiner offenen Art viele Menschen erreicht. Dieser Artikel zeigt wie viel Arbeit hinter deinem Tun steckt und macht neugierig auf die Zukunft der Hamburger Staatsbibliothek mit ihren fünf Blogs und den Social-Media-Kanälen.

  20. Ich bin ja selten sprachlos, eigentlich rede ich eher viel (wie bei dem Interview, als Isa und Max mich neulich in der Stabi besuchten, hehe). Die positiven Reaktionen hier, auf Twitter, auf Facebook und sogar in anderen Blogs – ja, es gibt sie noch! –, haben mich wirklich den ganzen Tag überwältigt. Danke dafür. Es tut so gut, in dieser stressigen Phase zum Ende meines Masterstudiums zu sehen, dass ich einige Menschen ein bisschen über meine Arbeit informieren konnte.

    Und natürlich danke an Isa & Max, die dieses tolle Projekt ins Leben gerufen haben. Danke für den tollen Job und die ganzen wunderbaren Porträts, die ihr hier schon präsentiert habt! Echt jetzt.

    @Adryana: Las tazas de café son de nuestra cantina, no me las tomo todas. Pero muchas, es o sí. ;)

  21. »Höherer Dienst« – also verbeamtet.
    Schöner Bericht. Was mich sprachlos macht, ist, warum die Freie und Hansestadt Hamburg einen Bibliotheksrat für Social Media braucht. Ist Social Media eine hoheitliche Aufgabe?

    • @Tim: Es gibt im Öffentlichen Dienst auch nicht-verbeamtete wiss. Angestellte im »Höheren Dienst«. Und ich bin so einer. Ich bin im übrigen zusätzlich zu meinen Social Media Aufgaben ja auch ein wissenschaftlicher Bibliothekar. Ein wenig hab ich das ja auch im Bericht angerissen (bin eben auch als Fachreferent tätig, mache Sacherschließung, Auskunftsdienste, etc.).

      Also sagen wir es so: Social Media ist zwar eine »hohe« Aufgabe, aber keine »hoheitliche«. ;)

    • Dann war das missverstaändlich formuliert. »Höherer Dienst« ist eine Laufbahngruppe im deutschen Beamtenrecht. Angstellt im öffentlichen Dienst werden nur analog zugeordnet.

  22. Sehr informativer, lesenswerter Artikel, der nicht nur die Aufgabe eines Social Medians in der Wissenschaft, sondern zeitgleich auch noch die vielfältigen Anforderungen an eine wissenschaftliche Bibliothek zeigt. Und wer ganz genau liest, der bekommt für seinen eigenen Blog sehr gute Anregungen :-)

  23. Vielen Dank, Herr Trapp, Sie sind ein begnadeter Schreiber(ling). Ich hab viel Spannendes erfahren und mich köstlich amüsiert (»und plötzlich sitzt du an der Theke, wie im Kaufmannsladen, und dann kommt jemand, palim-palim…« etc.).

  24. Toll Herr Trapp! Ich bin wirklich neidisch, dass ich im Verlag arbeite und nicht in einer Bibliothek. Und die Idee mit dem Blog als Presseinfo finde ich großartig!

  25. Da wird man sehr neidisch, wenn man jeden Morgen in die sauertöpfischen Mienen der Berliner Stabiangestellten blickt….

  26. Da bin ich mal wieder mit großer Verspätung am Nachlesen, aber egal, denn: grandios!
    Ich habe 2010-12 selber viel für mein berufsbegleitendes Studium in der StaBi gesessen, manchmal über den gesamten Öffnungszeitraum eines Tages hinweg. Immer wieder fielen mir viele kleinere und größere Veränderungen gegenüber meiner ersten Nutzungsphase (Abi, damals) auf, eine davon die schöne Benennung der Schließfächer mit Namen statt Zahlen. Seine Sachen morgens in Madrid einzuschließen statt in der 79 lässt einen zu Tagesbeginn schmunzeln.
    Jetzt, nachdem ich all dies gelesen habe, möchte ich fast schon wieder mehr Zeit dort verbringen. Die Beschreibungen machen Lust auf mehr, mehr zu entdecken, mehr zu nutzen. Deswegen lade ich mir auch gerade die erwähnte App herunter.

    Markus, viel Erfolg und gute Nerven für den Endspurt des Masters, die Thesisabgabe hast Du ja zum Glück schon überstanden, Glückwunsch dazu!

    • Liebes Eimerchen: Für diesen Kommentar – wie aber auch für dieses insgesamt so überwältigende Feedback – hat sich der Artikel schon gelohnt. In der Stabi gibt’s immer aufs Neue was zu entdecken. Wir hören damit so schnell auch nicht auf.

  27. Ich kann mich nur allen Kommentatoren anschließen, super Artikel, super Job, den du da machst (ich sag mal einfach »du«, Markus, hoffe, das ist o. K.). Wie viele Stunden hat dein Arbeitstag? Das Pensum ist doch nur mit ganz viel Engagement und Herzblut zu schaffen!

    • Kirsten, natürlich ist das Du ok. Und die Frage nach den Stunden hast Du ja selbst schon prima beantwortet. Da bin ich aber – wie diese wunderbare Serie hier und all die (noch) nicht porträtierten Menschen zeigen – keine Ausnahme.

  28. Ach ja, »dass Leute hier im Prinzip leben, manche sind wirklich jeden Tag von morgens bis abends hier und bringen ihr Stofftier mit«, ist in der Zentralbibliothek der Bücherhallen ähnlich :-)

    Hut ab! – für das Dreamteam Bogdan & Buddenbohm, weiter so und verfahrt euch nicht mit dem Bus!

    • Danke! Wir üben. Beim zweiten Mal sind wir schon an der richtigen Haltestelle ausgestiegen!

  29. Faszinierend, in diese Welt reinblicken zu können, und dann gleich so anschaulich. Toller Beitrag, toller Trapp, scheint mir.

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