Heikedine Körting, Hörspielproduzentin

[Dieses Interview haben wir für die Zeitschrift Nido geführt. Nido hat eigene Fotos gemacht, der Text steht dort inzwischen nicht mehr online. Daher hier nur der Text, leider ohne Bilder.]

Ich bin Heikedine Körting, und ich bin Produzentin von Kinder- und Jugendhörspielen. In dem Bereich mache ich im Prinzip alles vom Anfang bis zum Ende: Schreiben – mit Schreiben habe ich angefangen, das mache ich inzwischen nicht mehr so viel, weil ich nicht mehr so viel Zeit habe –, dann besetze ich die Rollen mit tollen Schauspielern, später nehmen wir das Hörspiel hier im Studio auf, dann wird es mit feinen Geräuschen überspielt, und zum Schluss mit Musik garniert. Und das ganze ergibt dann hoffentlich ein sehr schönes Kinderhörspiel. Ich habe schon als Studentin damit angefangen und es von der Pike auf gelernt oder es mir selbst beigebracht.
Den Europa-Verlag gibt es in diesem Jahr schon 50 Jahre lang, das wird gerade gefeiert. Solange bin ich noch nicht dabei, aber mein Mann, Andreas Beurmann, und seine Freunde David Miller und Wilhelm Wille hatten damals schon einen Verlag. Innerhalb dieses Verlages hat mein Mann das Label „Europa“ herausgebracht, das eigentlich für Musik, für Klassik, gedacht war, aber er hatte damals schon angefangen, auch Kinderhörspiele und Kinderlesungen zu machen.
Um mein Studium zu finanzieren, musste ich immer jobben. Ich habe alles Mögliche gemacht, habe einen kleinen Plattenladen aufgemacht, mit Klimbim und Klamotten, dann eine kleine Galerie, ich war Ausfahrerin und habe in einer Werkstatt gearbeitet. Und unter anderem hatte ich eben als junges Mädchen auf einem Kostümfest diesen Herrn Beurmann kennengelernt, und ich hatte mitgekriegt, dass er Schallplatten macht. Also habe ich ihn besucht – eigentlich wollte ich gerne Schlagermusik bei ihm unterbringen, die ich mit einem Freund gemacht hatte. Ich die Texte, er die Musik. Aber als ich ihn dann besuchte, merkte ich, der hat mit Schlagern gar nichts am Hut. Ein reiner Klassiker, Hilfe! Er spielte mir was auf dem Cembalo vor, da habe ich meine Tasche gar nicht erst aufgemacht und nichts vorgezeigt. Das Gespräch hat ziemlich lange gedauert, und hinterher fragte mein Freund, der unten wartete, wie es denn war. Ich habe es nicht gewagt, ihm zu sagen, dass ich nicht einmal meine Tasche aufgemacht hatte. Habe ich im Übrigen bis heute nicht.
Ich habe dann bei Beurmann im Studio gejobbt und immer gern an der Tür gelauscht, wenn sie Karl-May-Hörspiele und sowas aufgenommen haben, und gedacht, das möchte ich auch machen, das möchte ich noch besser machen, noch feiner. Und irgendwie kriegte ich dann die Möglichkeit, es auch einmal selbst zu versuchen, an irgendwelchen kleinen Geschichten oder Märchen. Meine Lieblingsmärchen waren die von Andersen, „Die kleine Seejungfrau“, „Die Schneekönigin“, und so weiter. Mein allererstes Hörspiel war „Die kleine Seejungfrau“.
Dann habe ich mir Schauspieler rausgesucht. Erfahrungen mit Schauspielern hatte ich eine ganze Menge, weil wir in Lübeck mehr oder minder im Schauspielhaus und in der Oper zuhause gewesen waren. Und dann wollte es der Zufall, dass meine Geschichten auf den B-Seiten der Schallplatten – am Anfang durfte ich noch keine A-Seiten-Geschichten machen – sehr beliebt waren. Ich hatte dafür nicht ganz so bekannte Märchen genommen, etwa „Der kleine Klaus und der große Klaus“, „Jack und die Wunderbohne“ oder „Die goldene Gans“. Die waren zwar auch bekannt, aber nicht so wie Rotkäppchen. Und sie haben dem Verlag und der Öffentlichkeit so gut gefallen, den Kindern und dem Käuferkreis auch, dass ich immer mehr machen durfte. Und wenn ich mal mit etwas anfange, dann möchte ich auch weitermachen, das ist so meine Art. Immer schnell, schnell und gleich das Nächste. Ich wollte alles kennenlernen, ich fand das unheimlich interessant. Nun muss man dazu sagen, dass ich auch schon als Kind Hörspiele selbst gemacht habe, mit meiner Freundin zusammen. Wir hatten ein Telefunken-Aufnahmegerät, so ein Achtzehn-Zoll-Gerät mit dem großen grünen Auge. Ich habe immer kleine Geschichten geschrieben, und wir haben dann zu zweit bis zu zehn Rollen gesprochen. Ich musste Vater, Mutter, Kind machen, sie machte den Polizisten, Hund, Katze, Maus.
Neben den Hörspielen habe ich aber nebenbei weiter Jura studiert und auch das erste Staatsexamen gemacht. Das hat mich auch sehr interessiert. Und mit dem zweiten Staatsexamen gab es dann schon lauter Jobs, die besser bezahlt waren als das, was ich im Studio für die Schallplatten bekam. Also habe ich mein Referendariat gemacht, beim Anwalt, bei der Baubehörde, und habe die verschiedenen Stationen durchlaufen. Und hatte dann eigentlich auch das Gefühl, ich muss es meinen Eltern zuliebe machen. In der Phase habe ich gemerkt, dass es wichtig ist, einen echten Beruf zu haben. Vor dreißig, vierzig Jahren war das vielleicht noch ein wenig anders als heute, aber ich würde immer noch jedem raten, etwas „Richtiges“ zu lernen. Fünf Tage bevor ich mein zweites Staatsexamen machte (und wusste, das bestehe ich natürlich), habe ich mir schon ein Messingschild und einen Stempel anfertigen lassen: „Rechtsanwalt Körting“. Und dann war ich Deutschlands jüngste Rechtsanwältin. Oder zumindest eine der jüngsten. Gleich, als ich vom Examen nach Hause kam, hab ich mein Schild an die Tür gehämmert und meinen Stempel auf den Schreibtisch gestellt.
Ich werde immer wieder gefragt, wie man denn Hörspielproduzentin wird. Das kann man nicht werden. Das ergibt sich aus dem Leben, es ist ja kein Ausbildungsberuf. Aber es gibt natürlich durchaus Dinge, die man lernen kann, die geradliniger zum Hörspiel führen als ausgerechnet Jura.

Seite aus dem Nido-Magazin

Es müssten inzwischen ungefähr dreitausend Hörspiele sein, die ich produziert habe. Ich mache das seit 1969. Also seit 46 Jahren. Angefangen mit Schreiben, dann mit Besetzen und Regie, dann ein bisschen mehr, dann noch ein wenig mehr und zum Schluss war ich dann die Produzentin für alles und habe auch einen sogenannten Produzentenvertrag. Denn die Firma haben die Männer seinerzeit verkauft, an Miller International in den USA, in der Hoffnung, dass man im Filmbereich mehr daraus machen würde. Die waren aber leider nicht besonders interessiert, die waren nur daran interessiert, dass es hier so toll lief. Es war gerade die Zeit der Cassetten-Generation, wo Hörspiele enorm erfolgreich waren. Denen gefiel es eigentlich sehr gut, dass sie immer nur das Geld abholten. Sie haben nichts weiter investiert. Wir hatten gedacht, sie würden die Firma ausweiten, aber sie hatten sie dann nur ganz kurz in eigenen Händen und haben sie dann weitergegeben an Bertelsmann. Von Bertelsmann kam erstmal ein Dr. Kühn aus den USA angereist, der hat meinen Mann und mich interviewt, ob wir als Produzenten weitermachen würden, sonst würden sie die Firma gar nicht kaufen. Sie sagten, wir kaufen ja nicht eine Band ohne den Schlagzeuger. Und dann haben wir damals einen Zehnjahresvertrag abgeschlossen und sind mit einer geringen Beteiligung ein kleiner Sputnik von Bertelsmann geworden. Später hat dann Sony den ganzen Entertainmentbereich von Bertelsmann übernommen.
Mein Mann ist inzwischen ausgeschieden, ich bin nach wie vor freie Produzentin mit einem Spezialvertrag von Sony. Den habe ich vor kurzem noch einmal für drei Jahre verlängert, weil ich immer noch Lust und Spaß und die Möglichkeit und Zeit habe, Hörspiele zu machen.
Als ich Anwältin wurde, hatte ich daran aber auch Spaß und wollte das gerne kennenlernen. Ich habe ein paar spannende Fälle gemacht, habe mich dann aber ganz schnell spezialisiert und nur noch Schauspieler, Autoren usw. vertreten. Und ich bin immer Anwältin geblieben und immer noch zugelassen am Oberlandesgericht. Ich kann das natürlich auch sehr gut gebrauchen für die eigenen Verträge und Firmensachen. Wenn man mich fragt, was mein Beruf ist, dann sage ich, ich bin Rechtsanwältin. Alles andere ist Hobby. Aber ein Hobby, das sehr viel Zeit beansprucht, und mit dem ich das meiste Geld verdiene. Das ist schon sehr schön so. Ich kann dazu nur raten, so eine Kombination ist ideal.
Das hier ist für mich auch ein Zufallsglück. Da gibt es immer diesen Kairos, diesen wunderbaren Punkt, wo man gerade zur richtigen Zeit das Richtige macht. Zu früh ist nicht richtig, zu spät ist nicht richtig. Ich habe einmal ein Angebot von Ravensburger bekommen, eine neue Serie aufzuziehen. Das war ein sehr interessantes Angebot mit mindestens den doppelten Lizenz- und Verdienstmöglichkeiten. Aber da habe ich mir gesagt, nee, den Erfolg hier habe nicht ich gemacht. Der ist aus dem Haus, aus der Zeit und aus der Situation entstanden. Dass wir die Cassetten genau in dem Moment auf den Markt gebracht haben, als Sony mit dem Walkman kam – ich hätte mir nicht eingebildet, dass es an mir liegt. Europa ist auch irgendwie wie ein Kind, das man liebt.
Zehn Jahre, nachdem ich bei meinem Mann im Studio angefangen hatte, wurde ein Eheverhältnis daraus. Das ist natürlich toll.
Ich bin jetzt unter Vertrag für die Dinge, die wir schon vor vielen, vielen Jahren zu einem gewissen Erfolg geführt haben. Das sind die Hauptserien von Europa, insbesondere TKKG, Die drei ???, Hanni & Nanni, Die fünf Freunde, jetzt auch Bob der Baumeister. Viele von den ganz alten Sachen, die ich sehr geliebt habe, die Hexe Schrumpeldei oder die Funkfüchse, sind heute nicht mehr auf dem Markt und werden nicht mehr fortgesetzt. Denn es gab mal einen Abschwung, man hatte schon gedacht, es ist bald zu Ende mit den Kinderhörspielen. Vor ungefähr zwanzig Jahren war das, als Nintendo aufkam und Computer und man zuhause zusammen Videos sah und es Kinderfernsehen gab. Überhaupt, als die Eltern die Kinder fernsehen ließen. In der Zeit, in der wir so erfolgreich waren, wollten viele Eltern noch nicht, dass ihre Kinder fernsehen, außer vielleicht der Sendung mit der Maus und der Sesamstraße. Jetzt gibt es die vielen Zeichentrickfilme und so.
Etwas neu durchzusetzen ist sehr, sehr schwierig. Wenn man das in diesem Bereich nicht flankierend mit Buch und Fernsehen macht, dann sind die Vertreter oft gar nicht mehr interessiert. Bei den drei ??? und bei TKKG gibt es noch Bücher, bei Hanni & Nanni mittlerweile nicht mehr. Wobei es bei TKKG in der letzten Zeit auch ein bisschen weniger geworden ist. Die drei ??? sind natürlich das allererfolgreichste vom Ganzen. Da ist es so, dass der Franckh-Verlag erst die Bücher macht und wir kurz danach die Hörspiele. Mein Mitarbeiter André Minninger, der die ganzen Hörspielmanuskripte macht, ist auch Autor bei Franckh.
Insgesamt arbeitet dort ein Team von sieben Autoren. Junge Leute, nur eine Frau dabei. Die teilen sich die Arbeit, sie machen sechs Bücher im Jahr. Also im Schnitt jeder eins, das ist nicht so wenig. Aus dem Buch wird dann ein Hörspielmanuskript erarbeitet.
Und dann gehe ich das durch und gucke, wie ich es besetzen kann. Ich habe glücklicherweise damals schon mit den ersten Schauspielern einen guten Griff getan, mit „meinen Kindern“. Die machen das ja heute noch. Bei den drei ???, bei TKKG und auch bei Hanni & Nanni. Hanni & Nanni sind jetzt ältere Damen, die müssten Sie mal sehen! Wenn die zusammen sind, die sind so witzig! Und so jung! Da denkt man wirklich, da sitzt ein Haufen junger Hühner. Unglaublich!
Die werden natürlich inzwischen gemischt mit Jüngeren, die zum Teil erst 25 sind. Hanni & Nanni sind bald an die 60. Aber in der Serie sind sie immer noch im Internat. Und sie benehmen sich, wenn sie zusammen sind, auch tatsächlich wie Internatsschülerinnen. Oliver Rohrbeck von den drei ??? wird auch immer gefragt: Wie ist das, sprecht ihr jünger, macht ihr euch jünger? Aber nein, sie sprechen ganz normal. Aber das, was sie interpretieren, ist eben junger Text. Und dadurch wirken auch sie jünger.
Wenn man genau hinhören würde, könnte man das Alter der Stimmen hören. Aber das Timbre ist geblieben, es ist natürlich etwas dunkler und langsamer geworden. Aber sie sind eben Persönlichkeiten. Und man möchte ja auch die Teenies hören. Wenn z.B. bei Hanni & Nanni die jüngeren mit den älteren Schauspielerinnen zusammen sprechen, hat man nicht den Eindruck, dass da Mütter mit Kindern sprechen. Dann sind sie alle jung. Das ist ganz toll.
Aus den Folgen von TKKG und den drei ??? sind viele sehr gute Schauspieler hervorgegangen, Synchronsprecher, Regisseure, die haben alle hier angefangen. Oder unter anderem hier. Die ganze Familie Mues war hier, Woody war gerade erst 5, da konnte er schon fließend lesen. Er stand hier am Tisch, und ich wollte ihm gerade ein paar Sätze vorsprechen, die er nachsprechen sollte, da sagte er, ich kann doch schon lesen! Und dann ging es los.
Meistens machen wir die Aufnahmen im Sitzen, rund um den Tisch, und meistens alle zusammen. Das ist für viele ein großes Erlebnis, weil gerade jüngere Schauspieler es von anderswo so kennen, dass sie einzeln aufgenommen werden. Oder vielleicht mal zu zweit. Hinterher wird es dann digital zusammengemischt. Aber wie wir hier so richtig alle zusammensitzen und das durchspielen, das gibt es kaum mehr.
Das Zusammenspiel funktioniert aber viel besser so. Das Gemisch ist dann natürlich in der Aufnahme so, wie es eben ist: mit Versprechern und Fehlern. Dafür mache ich dann halt vier, fünf, sechs Fassungen, je nachdem, und wähle die beste aus. Wenn man jeden Sprecher auf einer eigenen Spur hat, kann man die Dialoge beliebig zusammensetzen, aber ich verstehe trotzdem nicht ganz, warum man das macht. Ich finde das Zusammenspiel sehr viel schöner.
Wir haben sehr viele Mitbewerber, aber ich bin in der Branche für viele sowas wie die Mutter der Nation. So viele haben bei uns hier gelernt. Oder versucht, es ähnlich zu machen. Und sich dann weiterentwickelt oder ganz andere Richtungen eingeschlagen. Es gibt heute mindestens vierzig, fünfzig Firmen, würde ich sagen, aber die machen nicht nur Kinderhörspiele, die machen auch alles mögliche andere. Viele machen auch Lesungen und Hörbücher und sowas.
Wenn der Rohschnitt von dem, was wir mit den Schauspielern aufgenommen haben, fertig ist, dann kommt das, was für uns, die wir sogenannte Action-Hörspiele machen, ganz, ganz wichtig ist: dann kommen die Geräusche dazu. Davon machen wir ganz viele selbst. Manche Geräusche machen die Schauspieler auch schon beim Sprechen, so etwas wie das Einschalten einer Taschenlampe oder Reißverschlüsse. Die großen Geräusche kommen dann später dazu.
Manche Schauspieler können gut gleichzeitig Geräusche machen, manche sind darin völlig unbegabt. Wenn sie ein Geräusch machen sollen, hören sie auf zu atmen.
Danach kommt das große Überspielen, das wird teilweise noch mit Bändern gemacht. Und zum Schluss kommt noch Musik dazu, oder musikalische Akzente. Wir haben auch fertige Atmos, „Im Stall“ oder „Bahnhof“ usw. Aber viele, viele Sachen muss man für jedes Hörspiel extra selber durchspielen und vorbereiten. Wenn die Kinder im Hörspiel eine Räuberleiter machen, in ein Fenster sehen und dann wieder runterspringen, das sind Geräusche, die kann man nicht aus dem Archiv nehmen. Viele arbeiten mit Archivgeräuschen, die habe ich natürlich auch, aber so etwas Spezielles, das gibt es nicht. Das muss man alles fleißig selbst erarbeiten. Die Kinder rappeln sich auf, rennen aus dem Stall, knallen die Türen zu, dann rennen sie in den Garten und schleichen da weiter, dann müssen sie rascheln – das ist alles sehr speziell. Und dann kommen noch Nachtvögel oder Tagesvögel dazu, oder der Wind.
Mittlerweile nehmen wir alles auch zusätzlich digital auf. Ein Techniker macht den Rohschnitt, der braucht ein, zwei Tage. Für die speziellen Geräusche brauchen wir eine gute Woche. Also an reiner Fleißarbeit nach der Aufnahme haben wir bestimmt drei Wochen für ein Hörspiel. Aber das ganze Ding zieht sich natürlich übers Jahr, das Stück muss ja erst geschrieben werden. Vom Erarbeiten und Erdenken, von der ersten Vorbesprechung bis zum fertigen Hörspiel haben wir einen Vorlauf von einem halben bis einem Jahr. Wir machen immer mehrere nebeneinander. Wir haben schon bis zu sechzig Hörspiele in einem Jahr gemacht, das ist im Schnitt etwas mehr als eins pro Woche. Heute machen wir nicht mehr ganz so viele, im Augenblick mache ich vielleicht noch dreißig im Jahr. Also knapp alle 14 Tage eines.

Nido-Magazin

Jetzt besetze ich gerade die Rollen für Oktober, für Die drei ???, da sitze ich manchmal tagelang dran, genau zu überlegen, wer welche Rolle sprechen soll. Und dann kann der eine nicht, dann kann der andere nicht. Dann muss ich mir auch wieder neue Proben anhören, neue Leute kennenlernen. Gerade, wenn ich immer wieder die gleichen Serien mache, muss ich für die Nebenrollen immer wieder neue Schauspieler haben. Ich kann nicht nur immer auf mein Kontingent zurückgreifen. Bei den Aufnahmen kriegen die Schauspieler auch schon mal Lachanfälle. Wenn sie sich versprechen oder so, dann haben wir es manchmal sehr lustig hier.

Am allermeisten Spaß macht es mir, wenn ich am Schluss am Pult sitze und als Dirigentin tätig bin, wie ich immer sage. Dann laufen überall die Bänder, die CDs, die Endlosschleifen, ich setze mich an mein großes Mischpult, habe das Manuskript vor mir, und dann kommt so nach und nach alles dazu: der Wald, die Nachtvögel, die Schritte kommen angelaufen, das Wasser plätschert von rechts, hier kommt ein wenig Hall, weil sie gerade in eine Höhle gehen, das mische ich dann alles dazu, dann noch ein paar einzelne Wassertropfen, dann Schritte über Stein, Laub, Türen … da fühle ich mich wie eine Dirigentin, wenn ich am Mischpult sitze und allen Geräuschen ihre Einsätze gebe und die Lautstärke regle.
Unsere Geräusche sind heilig, da darf keiner etwas wegnehmen. Unsere Hörspiele werden durch die Geräusche lebendig. Bei uns herrscht nicht der Sprecher, bei uns hört man, was passiert. Wenn die Kinder sagen, sie müssen in den Stall, dann hört man sie auch rennen, dieser Teil der Produktion ist mir sehr wichtig.
Wenn man das digital zusammensetzt, wie man es heute macht, dann hat man den Nachteil, dass man nur jede Spur einzeln hört – aber wenn ich es analog am Pult mache, dann merke ich, wenn etwas ein wenig zu laut wird, und drehe es ein klein wenig zurück, mache schnell die Vögel ein bisschen lauter oder steuere Geräusche von rechts nach links. Und weil ich alles auf einmal mache, muss ich manchmal sogar noch einen Regler mit dem Kinn bedienen, dafür habe ich inzwischen eine Technik entwickelt. Der Nachteil ist natürlich: Da alles nur mit einer rechten und einer linken Spur aufgenommen wird, also stereo, muss es gleich stimmen. Wenn einer etwas falsch macht, daneben spielt oder zu laut pupst, oder ein Geräusch klappt nicht, oder das Band ist vielleicht nicht losgelaufen, dann muss ich alles noch mal machen. Das muss man beim Digitalen natürlich nicht. Bei mir ist es eher wie im Orchester. Das ist das Geheimnis.

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