Edda Gebel, Imkerin

Es ist immer noch Schwarmstimmung. Die Schwarmstimmung hat dieses Jahr früh angefangen und dauert lange. Die alte Königin zieht jedes Jahr aus, und die Bienen ziehen sich eine neue. Kurz bevor die neue schlüpft, zieht die alte Königin aus und nimmt den halben Flugapparat mit. Die Pflegebienen lässt sie da, die kümmern sich weiter um die Brut. Das Programm ist hundert Millionen Jahre alt. Da gab es noch Bäume mit Höhlen und sowas, in die sie einfach reingezogen sind. Das funktioniert heute natürlich nicht mehr, deswegen muss ein Schwarm verhindert werden, weil es der Tod der Bienen wäre. Also tun wir alles, um zu verhindern, dass sie schwärmen. Das ist nicht nur in der Stadt so, es würde auch auf dem Land nicht mehr funktionieren, denn die Bienen brauchen eine Höhle, wo sie reinkönnen. Die gibt es nicht mehr.

Fliegenden Bienen

Wenn man die Bienen vorsichtig mit Rauch anpustet, dann denken sie, es brennt, nehmen noch einen ordentlichen Schluck Honig, und meinen, jetzt müssen sie gleich weg. Dann merken sie schnell, dass gar nichts ist, aber erstmal sitzen sie schön hier drin und tun mir den Gefallen, dass ich an die Wabe kann. Die ziehe ich jetzt nacheinander raus. Ich habe zwei Bruträume und drei Honigräume, die muss ich jetzt alle kurz durchgucken. Zur Schwarmzeit gucke ich alle neun Tage rein.

Hier ist die Brut drin. Das hier ist noch ein bisschen verdeckelte Brut, die wird jetzt irgendwann schlüpfen. Das da ist Arbeiterinnenbrut. Hier unten sieht man ein paar – das will ich eigentlich gar nicht – Drohnenbrut, die ist deutlich dicker. Da kommen die dicken Drohnen raus.

Boenen

Als Imker nennt man die Eier Stifte, ich gucke immer, ob welche da sind. Die Stifte sind am Boden der Zellen, da sind ganz winzige, weiße Pünktchen. Das ist ein Zeichen dafür, dass die Königin da ist. Wenn man nicht sicher ist, ob sie da ist, dann guckt man immer mal, ob Eier drin sind, das ist ein ziemlich guter Hinweis. Die Königin ist gekennzeichnet, das heißt, wenn sie da ist, dann würde ich sie zwangsläufig auch irgendwo sehen. Das ist jetzt aber gar nicht mein Hauptaugenmerk. Ich weiß ja, dass sie da ist. Die Königin fliegt normalerweise, wenn ich die Schwarmverhinderung gut mache, auch nicht weg.

Wenn ihr genau hinguckt, könnt ihr hier so Würmchen sehen. Das ist unterschiedlich alte, noch unverdeckelte Brut. Die ist wahrscheinlich so fünf, sechs Tage alt. Am neunten Tag wird sie verdeckelt. So lange wächst sie, und dann verpuppt sie sich, das ist so ähnlich wie beim Schmetterling. Der Deckel ist aus Wachs. Die Bienen haben am Bauch so Ringe mit kleinen wachsproduzierenden Zellen, aus denen sie das Wachs quasi ausschwitzen, und das machen sie da drüber. Die Brut dauert bei einem Drohn 24 Tage, bei einer Arbeiterin 21 Tage, und bei einer Königin nur 16. Die Königin wird allerdings auch mit Gelée Royale gefüttert. Alle Bienenlarven werden während der ersten drei Tage mit Gelée Royale gefüttert; die Königin erhält ausschliesslich diese Nahrung, die Arbeiterinnen bekommen danach nur noch Pollen und Honig. Es überrascht viele, dass die Königin so viel schneller ist, das denkt man nicht. Wir finden nachher bestimmt auch eine Weiselzelle. In der Imkersprache heißt die Königin Weisel. Die Weiselzellen kratzen wir immer weg, weil wir keine neue Königin und keinen Schwarm wollen. Ich habe jedenfalls keine Lust, hier irgendwo im Baum herumzuspringen und einen Schwarm abzupflücken. Es gibt Kollegen, die haben das zum Hauptberuf gemacht, die verkaufen die Schwärme dann auch, wenn sie sie erwischen.

Schutzanzug

Wenn ich verhindere, dass sie schwärmen, werden es natürlich immer mehr Bienen. Normalerweise muss man denen etwas wegnehmen, wenn sie zu viele werden, und einen Ableger machen. Demnächst werde ich auch einen Ableger machen, denn zwei Völker sollte man ohnehin haben. Es ist immer besser, zwei zu haben.
Jetzt im Sommer ist die absolute Hochzeit, da brauchen die Bienen Platz. Mit nur einem Brutraum würden sie nicht klarkommen, da würden sie verrückt werden. Dann wird es ihnen auch zu warm da drin. Diese Bienen produzieren permanent, sommers wie winters, eine Temperatur zwischen 36 und 37 °C. Auch, wenn der Stock in der Sonne steht. Sie haben Fächerbienen, die sitzen vorne am Flugloch und machen nichts anderes, als die ganze Zeit ihre vier Flügel auszuklappen und Luft zu fächern. Außerdem ist unter dem Boden ein Gitter, da kommt auch noch Luft rein.

Biene

Das hier ist ein Drohn. Man erkennt sie an den riesigen Augen. Die anderen sind alle Arbeiterinnen. Ich kann mit der Hand hier so rübergehen, die machen gar nichts, das könnte ich auch ohne Handschuhe machen. Das hier ist Pollen. Pollen brauchen sie als Eiweißnahrung für ihre Brut. Normalerweise ist der stumpf, dieser hier ist lackiert. So konservieren sie, wenn sie ausziehen, den Pollen für die zurückbleibenden Bienen, weil der sonst schnell schlecht wird. Damit der Pollen zum Fressen schön frisch bleibt, lackieren sie ihn. Mit Propolis und ein bisschen Honig. Das nennt man auch Bienenbrot
Propolis ist ein Baumharz. Fast jeder Baum produziert irgendein Harz. Propolis produzieren sie also nicht selbst. Das nehmen sie zum Desinfizieren, zum Verkitten von kleinen Löchern und zum Abdichten von Pollen. Das klebt, das muss ich mit dem Stockmeißel bearbeiten. Dadurch, dass es auch desinfiziert und ziemlich wasserfest und recht säure- und hitzebeständig ist, ist das ein super Stoff, um alles haltbar zu machen.

Die Bienen produzieren das sogenannte Gelée Royale. Das ist eine Nahrung, die nur die Königin bekommt und die in einer speziellen Drüse am Kopf der Arbeiterinnenbiene produziert wird. Das sieht so weißlich aus, wie wenn man Wasser mit Soßenbinder verrührt, ein bisschen geleeartig. Das Gelée Royale produzieren die Bienen, wenn sie die Königin füttern, das kriegt sonst niemand, und es führt dazu, dass sie nachher das kann und ist, was sie eben ist.
Die Arbeiterinnen durchlaufen in ihrem ungefähr vierzigtägigen Leben verschiedene Stadien, in denen sie nur bestimmte Tätigkeiten machen. Die letzten zehn Tage sammeln sie Nektar und Pollen. Erst müssen sie putzen, Waben saubermachen und solche Sachen, und in den vier, fünf Tagen, wo sie füttern, da produzieren sie das Gelée Royale.

Biene

Nehmen wir mal an, es ist Schwarmzeit und wir haben nichts gemacht. Die Königin vom letzten Jahr wird ausziehen, die Bienen ziehen sich eine neue. Da suchen die sich irgendwelche Eier aus – sie haben ein gutes Gespür dafür, was ein besonders gut gelungenes Ei in einer besonders schönen Zelle ist. Und dann machen sie natürlich nicht nur eine, sondern drei, vier, fünf, zehn, wenn sie ganz verrückt sind auch zwanzig Königinnen. Manchmal ziehen sie ganz viele Königinnen, und manchmal beißen sie sie zum großen Teil wieder aus. Sie wissen genau, in der einen Zelle da, oder in den beiden, da kommt was richtig Gutes bei raus.

Honig

Die Randwabe ist immer eine Futterwabe, da brüten sie nie, weder auf der einen noch auf der anderen Seite. Sie tragen gerade Honig ein, aber im Moment brauchen sie nicht viel Vorrat anzulegen, es gibt ja in Hülle und Fülle. Das heißt, was sie hier reinbringen, ist so viel, dass sie einmal den Mundraum damit vollmachen können, und das sofort verfüttern. Jetzt zum Herbst hin oder zum Frühjahr sind die Randwaben immer fett voll mit Honig. In der Regel ist es so, dass sie oben einen Honigkranz machen und dann einen Pollenkranz, und dann machen sie Brut.
Den Pollen sammeln sie hinten an den Beinen; den Nektar, also den Honig, sammeln sie im Honigmagen. Der Nektar wird hier unten am Flugloch übergeben – also, sie spucken ihn der nächsten Biene gewissenmaßen auf den Rüssel, oder auf die Zunge – und diese Bienen schleppen das dann entweder in den Honigraum oder direkt zu den Brutwaben oder schon hier in die Futterwaben. Sie wissen ja am besten, was sie brauchen. Und dann wird das da reingespuckt, und wenn das Ding voll ist, wird es verdeckelt.

Wenn man die Waben rausnimmt, muss man sie auch an dieselbe Stelle und in die richtige Richtung hängen, so wie man es vorher rausgenommen hat. Die Bienen mögen es gar nicht, wenn man die Reihenfolge vertauscht oder die Waben verkehrt herum wieder einhängt. Sie haben sich ganz genau drauf eingeflogen, wo sie hinmüssen.

Wabe

Im Winter machen die Bienen eine Brutpause. Für die Biene beginnt übrigens jetzt im Juli der Herbst. Während für uns der Sommer beginnt, ist für die Biene schon die beste Zeit vorbei. Sobald die Tracht vorbei ist, ist für die Bienen angesagt, schön noch mal die Futterwaben vollzumachen. Wobei sie vor dem Winter auch von uns gefüttert werden. Und wenn es zu kalt wird, hört die Königin irgendwann auf, Eier zu legen, und im Herbst kommt das große Bienensterben. Dann werden als erstes die Drohnen von ihren eigenen Schwestern abgemurkst, weil Drohnen nämlich außer Begatten nichts machen. Begatten und Fressen. Die stechen nicht, sie arbeiten nicht, sie holen keinen Nektar, sie sichern nur die Fortpflanzung und fressen. Also werden sie als erstes rausgeworfen.

Hier ist eine Biene, die hat ein bisschen Pollen an den Beinen. Die hat was gefunden, aber insgesamt ist im Moment offensichtlich nur Nektar angesagt, und hier in der Nähe wächst auch gar nichts, was Pollen hat. Ich habe noch eine Beute bei meiner Mutter in Niendorf, da kommen die ganz fett mit Pollen zurück. Da ist irgendwas in der Nähe, was jetzt gerade extrem blüht und gut besucht wird.
Ungefähr im September, Oktober hören die Bienen auf zu brüten. Letztes Jahr war es ganz ungewöhnlich, da sind sie gar nicht aus der Brut rausgegangen, sie haben gar nicht aufgehört zu brüten, weil es so warm war. An sich ist das überhaupt nicht schön, das will der Imker nicht gerne. Der möchte, dass da irgendwann mal Ruhe ist und er sich nicht um Brut und sowas kümmern muss. Außerdem fressen sie mehr, wenn sie noch brüten. Wenn sie mehr fressen, ist der Stoffwechsel angeregt. Wenn es aber draußen unter zwölf Grad sind, gehen sie nicht aus dem Stock. Und wenn sie im Winter zu viel fressen, weil sie zu aktiv sind, dann staut sich der ganze Kot im Darm, und dann haben sie ein Problem. Sie machen nicht in ihren Stock, das heißt, sie machen ein paar Monate lang gar nicht. Sie fliegen im Februar am ersten schönen Tag, wenn es über zwölf Grad hat, raus, und dann gibt es überall diese kleinen gelben Würstchen, an Autos, an der Wäsche … Das nennt man Reinigungsflug. Jeder Imker freut sich darüber, man weiß ungefähr, na, zwölf Grad heute, das könnte klappen, und tatsächlich. Dann sind es auch keine 40.000 mehr wie hier jetzt – hier sind jetzt ungefähr 40.000 Bienen drin – sondern nur noch vielleicht 10.000. Die Toten werden einfach rausgeworfen, die liegen dann unten.

Edda Gebel

Das Wort „stockdunkel“ kommt übrigens von den Bienenstöcken, weil es da drin stockdunkel ist. Die Biene lebt ja kurioserweise zwischen absoluter Dunkelheit und strahlendem Sonnenschein. Damit kommen sie gut klar, deswegen macht es ihnen auch nicht so viel aus, wenn ich die Waben rausnehme. Es ist natürlich trotzdem eine Störung, wenn wir hier so Unruhe reinbringen, aber das muss sein.

Man muss sich das mal überlegen: Bienen gibt es seit ca. 100 Millionen Jahren, aber nicht in dieser Form. Das heißt, wir geben ihnen zwar eine Heimat, aber die ist total unnatürlich. In diesem Stock sind viel mehr Bienen, als sich normalerweise zusammenfinden würden. Wir füttern sie auch und muten ihnen alles Mögliche zu, hindern sie am Schwärmen und so. Sie müssen bestimmte Spielregeln einhalten, die wir ihnen abverlangen. Das muss einem klar sein. Das ist auf eine gewisse Weise unnatürlich. Dafür füttern wir sie vor dem Winter – zu ungefähr 25-30% mit ihrem eigenen Honig. Im Moment müssen sie brüten, deswegen können wir sowieso nicht allzuviel Honig hier drinlassen. Wir nehmen schöne Honigwaben aus dem Honigraum und hängen sie im Frühjahr wieder rein.
Und wir behandeln die Bienen gegen die Varroa-Milbe, die sonst ihren Tod bedeuten würde. Es könnte nämlich in Deutschland schon deswegen keine freilebenden Bienen mehr geben, weil sie gegen die Varroamilbe nichts ausrichten können. Die würden einfach sterben. Die Varroamilbe ist aus Asien eingeschleppt worden. Sie dringt in die Zelle ein, kurz bevor sie verdeckelt wird, und verlebt dann die letzten Tage, bis die Biene schlüpft, mit ihr, und vermehrt sich dabei auch noch, aus einer werden vier Varroamilben. Die Milbe schwächt die Biene, indem sie sie zwar nicht komplett aussaugt, aber anpiekt und ein bisschen absaugt.

Bienenstock

Wir lassen nicht alle Drohnen schlüpfen, weil die Drohnen etwas länger brauchen, die brauchen 24 Tage, dann entwickelt sich darin noch eine Varroamilbe mehr, deswegen schneidet man die Drohnenbrut, sobald sie verdeckelt ist, aus. So, wie wir das hier machen, liegt die Anzahl der Drohnen unter 10%. Normalerweise wären es 20 oder 25%. Wir hängen diese vorstrukturierten Waben rein, sogenannte Mittelwände. Die Größe dieser Zellen ist auf Arbeiterinnen vorgegeben, und da ziehen sie dann auch Arbeiterinnen. Und dann haben wir noch diese vorgedrahteten Rähmchen. Dadurch, dass da nichts drin ist und sie frei bauen können, machen sie hier nur Drohnenbrut rein, die sind größer. Ein unbefruchtetes Ei wird ein Drohn, ein befruchtetes wird eine Arbeiterin. Die Königin wird herumgeführt und bekommt gezeigt, wo sie was legen soll. Welches Ei da rein soll, sieht sie an der Größe. Sie misst das ab und erkennt, es handelt sich hier um eine Drohnenzelle, und dann legt sie ein unbefruchtetes Ei rein. Und bei den anderen legt sie befruchtete Eier rein. Die Eier werden erst befruchtet und dann abgelegt.

Waben

Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass so viele Bienen relativ wenig auffliegen. Man denkt ja, wenn man den Stock aufmacht, ergießt sich eine schwarze Wolke und stürzt sich auf einen. Das machen die aber gar nicht. Normalerweise sieht eine Biene umso besser, je schneller sich ein Objekt bewegt. Wenn die Biene schlechte Laune hat, ist es das Beste, man bleibt einfach ruhig stehen. Sie verfängt sich allerdings oft in den Haaren, und das ist für die nicht schön, da wird sie verrückt. Am Kopf ist ein Stich nicht so lustig, da wäre ich auch vorsichtig. Aber ansonsten – wenn sie mit diesem Alarmton ankommt, einfach ruhig bleiben, nichts machen. Seit ich Bienen habe, weiß ich, dass das geht.

Jetzt kommen die Honigräume drauf. Dazu müssen wir sie mit ein bisschen Rauch erstmal alle hier wieder reinkriegen. Die Honigräume darf man nicht räuchern, weil sonst der Honig nach Rauch riechen würde. Als erstes kommt jetzt ein Absperrgitter zwischen die beiden Bereiche.
Dieses Gitter mache ich zwischen die Brutwaben und die Honigräume. Da passt eine Biene durch, aber die Königin nicht. Die Königin darf nicht in die Honigräume. Es gibt natürlich auch Imker, die ohne Absperrgitter imkern. Aber dann geht sie hoch und legt da Eier. Und wenn wir die Honigwaben ausschleudern, darf nach deutschem Lebensmittelrecht keine Brut drin sein. Das kann man nur verhindern, indem man ein Gitter dazwischen macht.
Das hier sind Wachsbrücken. Die machen sie hauptsächlich, wenn sie eine junge Königin haben. Das haben sie in den Genen. Ursprünglich diente das dazu, die Waben in ihrer Naturhöhle am oberen Rand richtig festzukleben. Ist das nicht schön? Das ist ganz luftig. Was ich jetzt abkratze, das sammele ich und nehme es mit nach Hause, das wird eingefroren und dann ausgeschmolzen. Den ganzen Kleinkram sammele ich, da habe ich immer mein kleines Näpfchen dabei.

Bienen

Was man abkönnen muss als Imker, ist, dass einem eine Biene in den Finger sticht, während man die Wabe hält. Da kann man nicht schreiend das Ding fallen lassen. Aber wenn du so einen Honigraum einfach nicht mehr halten kannst, das ist übel. Das sind pro Wabe ungefähr zwei Kilo Honig, und dazu der Holzrahmen, Wachs usw. Deswegen habe ich hier Halbzargen, die sind nicht ganz so schwer.
Letztes Jahr war ein ganz schlechtes Honigjahr, wir haben alle ganz wenig geerntet. Dieses Jahr haben wir gedacht, es gibt ein Superjahr, aber es ist gar nicht so doll. Der Wassergehalt des Honigs sinkt einfach nicht unter 18 %. Wir gucken gleich mal, wieviel Prozent er jetzt hat.
Guck mal, das ist so süß! Die sitzen da alle mit den Köpfen in der obersten Reihe, von beiden Seiten, das ist so niedlich! Die machen da nämlich folgendes: Sie saugen den Honig ein und spucken ihn aus, saugen ihn ein, spucken ihn aus, saugen ihn ein, und immer kommt ein bisschen Luft dran. So reduzieren sie die Feuchtigkeit. Wenn man den Honig für den deutschen Imkerbund abfüllt, darf er maximal 18% Wasser haben. Drunter kann er haben, drüber nicht. Wir gucken gleich mal, ich habe extra mein Refraktometer mit.

Refraktometer oder wie das heißt

Man sagt, wenn zwei Drittel der Waben verdeckelt sind, ist der Honig gut. Die Bienen verdeckeln eine Zelle, wenn sie davon ausgehen, dass das jetzt der Wintervorrat ist. Der Deckel konserviert das Ganze, das könntest Du auch im Keller ein, zwei Jahre stehenlassen, dann hat er in jedem Fall unter 18%.
Die Bienen wissen ganz genau, wann es so weit ist. Wenn es sehr heiß ist, knabbern sie die Deckel wieder runter, und dann sind ja immer noch 18% Wasser drin, das kühlt ein bisschen. Dadurch, dass sie auch dauernd mit den Flügeln Wind machen, verdunstet noch mehr Wasser aus dem Honig und kühlt den Stock. Und so verteilen sie die kühle Luft im Stock. Das ist eigentlich eine riesige Klimaanlage. Ich nehme hier jetzt einfach ein bisschen Honig mitten raus, sodass möglichst kein Wachstropfen mitkommt.

Honigprobe

Jetzt muss ich kurz den Imkerhut abnehmen, um hier reingucken zu können. Junge, Junge! Der hat ja fünfzehn Komma irgendwas! Der hatte ewig lang um die neunzehn!
Ich will gerne etwas unter 18 %. Mit 20 könnte man es schon verkaufen, aber nicht nach deutschem Imkerbund, nur nach deutschem Lebensmittelrecht. Weniger Wasser ist natürlich super. Der Honig hat dann noch schönere Eigenschaften, er wird cremiger, die Kristallisation setzt früher ein, das heißt, ich kann ihn früher rühren … Es ist vielleicht auch Geschmackssache. Je stärker der Camembert stinkt, desto schöner findet der Franzose ihn. Da kann man jetzt nicht sagen, das ist besser, aber es gilt unter Kennern als höchste Qualität. Also, ich bin hochzufrieden.

Einer meiner Vereinskollegen versucht das honiglose Imkern. Ich glaube, das ist ein Trend, denn wenn du hinterher kiloweise Honig im Keller bunkerst, da hast du auch nichts davon. Man nimmt sich nur, was man möchte.

Honigprobe

Diese hier sterzelt übrigens gerade: sie reckt den Hinterleib so komisch hoch und produziert ein Pheromon. Das machen sie unten vor dem Einflugloch, damit die Bienen riechen, hier geht’s nach Hause. Zwei Gründe veranlassen die Bienen, hierher zu fliegen. Zum einen kennen sie den Standort. Den finden sie zielsicher. Und das andere ist dieses Pheromon, das ist stockeigen. Die Königin selbst steuert das über ihr Pheromon, und die Bienen kennen es, sie riechen wahrscheinlich alle ähnlich.
Die Biene holt den Honig, und dann wird der hier unten reingereicht. Sie kommen an, manche fliegen direkt zum Einflugloch, mit bis zu 30 km/h. Und dort sind dann Wächterbienen, die gucken erstmal, ob die Biene überhaupt zum Stock gehört. Wenn sie Futter mitbringen, dürfen sie auch schon mal in fremde Stöcke rein, aber sonst haben die das nicht so gern. Als Drohn ist es egal, als Drohn kommst du überall rein. Aber fremde Bienen, die nicht mit Nektar ankommen und ein bisschen was zu bieten haben … man muss sich das so vorstellen, die strecken die Zunge raus und dann gucken die: na, ist das was, okay, du darfst rein. Aber wenn sie nichts dabei hat oder komisch riecht, dann wird sie gleich bekämpft, das kann man manchmal beobachten. Dann gibt es gleich eins auf die Mütze. Und dann haut die fremde Biene auch ab.

Biene

Und dann gibt es Bienen, die den Honig entgegennehmen. Nicht direkt am Eingang, aber die Biene geht innen nur ein bisschen hoch, und da sind dann gleich weitere Arbeiterinnen, die Honigabnehmerinnen. Die eine spuckt den Nektar aus, die andere übernimmt ihn und bringt ihn entweder unten in die Futterwabe oder in die Brutwabe oder gleich hoch in die Honigwaben. Es wird sicher Untersuchungen geben, wo sie mal geguckt haben, wo so ein Tropfen Honig im Stock eigentlich bleibt. Aber man kann davon ausgehen, dass er wer weiß wie oft hin- und hergetragen wird. Auf diese Weise trocknet er natürlich auch. Er wird ständig aufgenommen, ausgespuckt, getrocknet …

Wabe

Die Königin kann auf verschiedenste Weisen abhandenkommen. Sie kann schwärmen, dann ist sie weg. Dann haben sie aber normalerweise vorgesorgt und haben eine neue. Dieses Schwärmen ist an sich ein wohlgeordneter Vorgang. Oder man kann sie versehentlich quetschen. Sie kann auch mal sterben, kann ja auch passieren. Eine Königin kann bis zu sieben Jahre alt werden. Die Arbeiterinnen nur 40 Tage. Sieben Jahre ist aber ein rein theoretischer Wert, spätestens im dritten Jahr wird sie in der Regel von ihren eigenen Arbeiterinnen umgebracht.
Das ist jetzt meistens ein Schock für Nicht-Imker: Der Berufsimker tauscht die Königin meistens schon nach einem Jahr aus. Das hat verschiedene Vorteile. Oder sagen wir, es hätte Nachteile, es nicht zu tun. Ab dem dritten Jahr ist so eine Königin eigentlich durch. Dann legt sie nicht mehr genügend Eier, und wenn eine Königin schwächelt … manchmal reißt zum Beispiel ein Flügel ab, und dann bewegt sie sich schon nicht mehr so elegant, wie wir das vorhin gesehen haben. Wenn an diesem eleganten Gang der Königin irgendwas nicht stimmt, dann merken das die Bienen, und dann haben sie schon keinen Bock mehr. Dann denken sie schon über was Neues nach. Und diesen Stress will man sich gar nicht machen, man will immer eine richtig topfitte, frische, eierlegende Königin haben. Wir haben das jetzt mal probiert, im dritten Jahr, wir dachten, die ist doch noch klasse, aber die Bienen fanden die eben nicht mehr so klasse.

Bienen

Wir machen den Bienen immer die Weiselzellen weg, und dann müssen sie mit der alten Königin vorlieb nehmen, wir zerstören ihnen ja ihre verzweifelten Versuche, ihre Königin wegzukriegen. Wenn es viele Weiselzellen sind, dann wollen sie die Königin nicht mehr, dann muss man ihnen eine neue reinsetzen. Das ist auch eine Folge dieser künstlichen Art der Haltung. Wir müssen ihnen eine neue Königin geben, damit sie wieder glücklich sind. Normalerweise machen wir einen Ableger. Das ist so ein Ding hier, eine ganz normale, weitere Beute, da tun wir Brut rein, fegen genug Arbeitsbienen dazu und hängen noch ein paar Futterwaben rein. Dann kommt ein Boden und ein Deckel dran, und dann lassen wir sie eine neue Königin ziehen. Diese Weiselzellen sind nachher so groß wie ein halber Daumen. Man muss ein bisschen gucken, man weiß genau, es dauert sechzehn Tage, und dann nimmt man die, die am schönsten aussieht. Das ist halt die, mit der sie sich am meisten Mühe gegeben haben. Die anderen schneidet man raus. Am sechzehnten Tag schlüpft sie, und dann hat man eine neue Königin und kann die alte aus dem Stock nehmen und die neue reinsetzen. Ganz so einfach ist es natürlich nicht immer, sie nehmen auch nicht jede neue Königin, die man ihnen da reinsetzt. Normalerweise lässt man die Bienen deswegen erstmal ein bisschen verzweifeln. Wenn man ihnen die Königin nimmt, werden sie schon nach 2 Stunden unruhig weil ihnen das Königinnenpheromon fehlt. Es gibt die Klopfprobe: Wenn man gegen den Stock klopft, summen sie einmal kurz auf, weil sie sich erschrecken. Wenn sie keine neue Königin haben, klingt es eher wie ein Heulen. Daran kann man es ganz gut erkennen. So lässt man sie zwei, drei Tage schmoren. Und dann freuen sie sich so arg, dass sie wieder eine Königin haben, dann interessieren sie sich auch nicht mehr dafür, wo die jetzt herkommt.

Honig

Stadthonig ist teilweise besser als der vom Land. Weil wir hier mit den ganzen Spritzmitteln nichts zu tun haben und sehr, sehr viele Faktoren hier nicht haben, die auf dem Land wirklich schaden. Bei Honig kann man immer noch sagen, was in der Stadt produziert wird, ist tadellos.
Die Blüten werden besucht, wenn sie ganz frisch aufgeblüht sind, und die Biene hinterlässt da sowohl eine mechanische als auch eine Duftmarke. Man sieht das auch – da kommt eine Biene, und dann denkst du, wieso fliegt die da nicht rein? Nein, kurz vor der Blüte macht sie halt und fliegt wo anders hin. Die Pollenbüschel sind dann so ein bisschen verstrubbelt. Dann merken sie, dass da gerade schon jemand anderes drin war. Wenn eine Hummel drin war, dann merkt eine Biene das sofort. Sie suchen sich dann die kleinen, frisch geöffneten Blüten, und dadurch ist die Belastung auch minimiert. Da sind noch gar keine Schadstoffe eingedrungen.

Bienen

Man braucht ein gewisses Alter, um Spaß am Imkern zu haben. Und dann ist es toll, sich hinzusetzen und den Bienen zuzugucken. Wenn man anfängt, sich dafür zu interessieren, und dann sieht, dass es funktioniert, das ist großartig. Man siedelt die Bienen an, und alles funktioniert so, wie du dir das vorstellst. Sie bleiben da, am nächsten Tag sind sie auch noch da, sie summen so schön … der Honig ist eigentlich Nebensache. Wichtiger ist die Vorstellung, dass die Bienen ein bisschen dazu beitragen, die Blüten zu bestäuben. Wir hatten vorher keine Bienen, wir haben auch alle damit überrascht. Wir haben niemandem vorher etwas gesagt, auch den Nachbarn nicht. Man braucht auch keine Genehmigung dafür. Man muss nur eine Mitteilung an die Stadt machen, dass man Bienen hat, für den Fall, dass Faulbrut ausbricht, dann werden Sperrbezirke eingerichtet, und dafür müssen sie die Halter kennen. Das hält natürlich keinen davon ab, Bienen zu halten und sie nicht zu melden. Aber so soll es sein.
Ich habe irgendwann von der Imkerei gelesen, und es hat mir keine Ruhe gelassen. Vor fünf Jahren habe ich mich dann für einen Imkerkurs angemeldet, und so begann das. Erstmal wollten wir nur ein bisschen probieren und mal sehen, ob wir das überhaupt machen wollen, und wie es mit den Nachbarn ist und so weiter. Und dann hat die Lehrerin gesagt: ich gehe eigentlich schon davon aus, dass alle, die den Kurs machen, hinterher auch Bienen halten. Und da wollten wir dann nicht kneifen.

Bienenstock

Und dann standen da über Nacht zwei Völker, und wir haben die Nachbarn auch nicht großartig gefragt. Sie haben das auch alle erstaunlich positiv aufgenommen. Das ist durchaus nicht immer der Fall, wie wir jetzt erfahren haben, es gibt viele Leute, die haben echt Ärger mit ihren Nachbarn. Die wollen das aus Prinzip nicht, oder wegen der Kinder, da werden tausend Gründe angeführt. Aber bei uns haben alle festgestellt, dass sie schon seit zwanzig Jahren keine Bienen mehr gesehen haben. In den Gärten gibt es keine Bienen mehr. Hummeln ja. Hummeln haben nur ganz kleine Völker, und sie sterben alle, nur die Königin überlebt. Sie hat dann noch befruchtete Eier und legt die im Frühjahr, und dann wird der Staat wieder größer.

Bienen

Es ist unheimlich meditativ, finde ich, da reinzugucken, oder die Bienen von weitem zu betrachten, und auch dieser Geruch! Da gibt es so unsichtbare kleine Strömungen, das merkt man ja auch in der eigenen Wohnung, dass man das, was in der Küche gemacht wurde, an einigen Stellen stärker riecht als an anderen. Und das ist hier auch der Fall. Man steht hier, und dann kommt plötzlich dieser eigenartige Geruch, und der riecht keinesfalls süß wie Honig, sondern das ist eine Mischung aus Brut, Honig, warmem Wachs, wahrscheinlich auch der Eigengeruch der Bienen. Es gibt nichts Vergleichbares, es ist keinesfalls wie Rosen. Und wenn das da so langwabert, das ist unglaublich schön.

Edda Gebel

»Es ist unheimlich meditativ, finde ich, da reinzugucken, oder die Bienen von weitem zu betrachten, und auch dieser Geruch!«

3 Kommentare

  1. Das ist ja richtig spannend, was Bienen so machen.

  2. Hm.

    Ich habe ja auch seit einiger Zeit ein erstes kleines Bienenvolk. Und habe mich für die Warré-Beute entschieden. Das Prinzip ganz kurz: Die Bienen machen lassen. Klar, das gibt auch weniger Honig. Aber der Imker hat viel weniger Arbeit, und den Bienen geht’s gut.

    Wer sich dafür interessiert: Hier könnt Ihr Euch »Imkern nach Warré« von Bernhard Heuvel runterladen. Und auch das Originalbuch von Abbé Warré, das ist aber ein wenig mühselig zu lesen.

    http://warre-bienenhaltung.de/

  3. Sehr interessant, was in einem Bienenstock so passiert! Danke für das tolle Interview!

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