Julia Westlake, Fernsehmoderatorin

Julia Westlake

Ich verkaufe hier Bücher. Sozusagen. Nein, Quatsch, ich präsentiere die Bücher. Die eigentliche Geschichte wird in den Filmbeiträgen erzählt, da gibt es die Begegnungen mit den Autoren und so, und ich sage dann noch etwas dazu, meine persönliche Einschätzung der Bücher. Beim Bücherjournal darf ich das zum Glück relativ ausführlich machen. In anderen Sendungen hat man meistens nur so ca. 30-sekündige Anmoderationen, hier habe ich zwei Minuten. Das heißt, ich muss die Bücher auch alle lesen, damit ich meinen Senf dazugeben kann.
Die Begegnungen mit den Autoren mache ich nicht selbst, das machen andere. Wir zeigen ja Beiträge, die ARD-weit schon in anderen Kultursendungen gelaufen sind. Aber es kommt immer ein Gast hierher.

Julia Westlake in der Maske

Ansonsten moderiere ich noch das Kulturjournal, das läuft jeden Montag. Da ist auch viel Literatur drin, aber auch Theater, Film, Zeitgeist …
Meine Moderationen schreibe ich selbst, und dann lerne ich sie so halb auswendig, halb spreche ich frei. Ich muss mich natürlich an die vorgegebene Struktur halten, denn das wird ja redaktionell abgenommen. Ich muss sie immer vorher absegnen lassen, und da kann ich nicht plötzlich etwas ganz anderes erzählen. Es ist für die Regie auch wichtig, dass ich in etwa das sage, was ich vorher aufgeschrieben habe. Aber zum Glück kann ich trotzdem frei sprechen.
Beim Kulturjournal hatten wir bis vor Kurzem einen Teleprompter. Da habe ich mir die Texte zwar auch selbst reingeschrieben, aber das ist total gefährlich, weil man dann nur noch abliest und in dem Moment nicht mehr wirklich mitdenkt. Ich finde es ganz schön, dass wir das jetzt nicht mehr haben, jetzt muss ich wieder selbst denken. Und ich schreibe die Texte auch so, dass ich sie mir gut merken kann, weil sie logisch sind. Ich habe sie ja selbst geschrieben, und sie sind im Aufbau so, dass ich sie so ähnlich auch aus dem Bauch heraus wieder machen würde.

Julia Westlake

Am liebsten mag ich eigentlich die Vorbereitung. Hinterher dann hier zu stehen, ist manchmal gar nicht so toll. Die Vorbereitung macht am meisten Spaß, weil man sich intensiv mit den ganzen Themen beschäftigt, und ich formuliere auch gerne. Deswegen hoffe ich immer, dass ich nicht nur herumlabere, sondern dass ich mich auch daran erinnere, wenn ich etwas besonders schön vorformuliert hatte. Man versucht natürlich, gut zu schreiben, und wenn man es dann spricht, verwässert es manchmal ein bisschen. Ich mag das Schreiben wahnsinnig gern.
Der ganze kulturjournalistische Bereich ist aber auch total schön: Filme gucken, in Ausstellungen gehen, Bücher lesen, sich damit beschäftigen, das ist ganz wunderbar. Das ist keine so mühselige Arbeit wie in manch anderen Jobs. Bei uns kann man meistens die Sachen machen, die man machen möchte.

Kameramän

Beim Fernsehen bin ich durch Zufall gelandet. Ich war irgendwie immer zur rechten Zeit am rechten Ort und habe Glück gehabt. Eigentlich war ich beim Radio und habe eine Reportage über die aktuelle Schaubude gemacht. Da bin ich hingegangen und habe alle interviewt und bin überall herumgelaufen, und dann haben sie mich zum Casting eingeladen. Und ich habe den Job gekriegt. Ich habe mich gar nicht darum bemüht, es ist einfach passiert. Das war eine Sendung, wo viel mit Schlagern und Krabbenpulen und Shantychor operiert wurde, eher für älteres Publikum. Ich war so Mitte-Ende zwanzig und wurde dann immer älter angezogen und älter geschminkt, damit das authentisch rüberkommt.
Studiert habe ich Politikwissenschaften und Literaturwissenschaften. Und nebenbei habe ich immer Radio gemacht, damit habe ich auch mein Studium finanziert. Danach war ich bei der Schaubude, und dann entwickelte sich der Rest. Ich bin also ein NDR-Urgestein.

Regiepult

Mit dem Bücherjournal verbringe ich am allermeisten Zeit, weil ich die Bücher ja alle lesen muss, sonst könnte ich keine vernünftige Anmoderation machen. Die Auswahl kommt meist relativ kurzfristig, ich habe diese Bücher jetzt seit drei Wochen. Die lese ich, und dann muss ich aber auch darüber hinaus noch etwas dazu sagen. Also gucke ich, was haben andere dazu gesagt, ist irgendetwas Aktuelles passiert, und so weiter. Bis ich so eine Moderation geschrieben habe, auch wenn sie hinterher so kurz erscheint, sitze ich ewig daran. Für diese Sendung arbeite ich richtig viel. Obwohl man es dann am Ende natürlich nicht merkt.

Julia Westlake

»Ich war irgendwie immer zur rechten Zeit am rechten Ort und habe Glück gehabt.«

Das Bücherjournal ist jetzt in der Mediathek zu sehen.

2 Kommentare

  1. Das Bücherjournal wird heute um 24:00 Uhr gesendet.

    - Leider ohne ein Buch, welches mich interessiert. Aber die Vorstellungen hier im Blog mag ich trotzdem.

    • Oh, aber Sasa Stanisic und Angelika Klüssendorf kann ich wirklich sehr empfehlen! Den Rest habe ich auch nicht gelesen.

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